Hallo,
er ist schrecklich lang geworden – mein Beitrag!
Ich weiß gar nicht, ob jemand genügend Energie hat, dass bis zum Ende zu lesen – ich weiß gar nicht, ob es Sinn macht…
kann man solch ein Thema in einem Forum diskutieren?
@Noelle:
(16.06.2010, 20:29 )NoelleRo schrieb: [ -> ]Ich hätte da mal eine Frage:
Et kat gelernt, dass, wenn sie mir einen kleinen Becher bringt, dass sie dann ein Leckerli bekommt. Das kann sie tip top...
Nun, macht sie jedoch etwas das ich ihr nicht gelernt habe.
Sie holt den Becher, wo immer ich diesen hinstelle, gibt ihn mir aber nicht mehr sondern fordert ihr Leckerli den Becher behält sie im Fuss!
Das ist die gleiche Situation, wenn ein Hund apportieren lernt – das „Bringen“ und das „Loslassen“ sind zwei verschiedene Verhalten. Erinnerst du dich noch an die 10 Regeln des Formens? – Shaping! Funktioniert das Verhalten „Becher bringen“ denn schon bei variabler Verstärkung?
Du hast ja auch bei M. gelernt – hast du das Buch von Karen Pryor?
(16.06.2010, 20:29 )NoelleRo schrieb: [ -> ]Sie hat nun selber gelernt, dass sie ja nicht doof ist und immer den Becher irgendwo holen geht/muss, sondern behält ihn und fordert dann ohne sich bewegen zu müssen ihre Leckerli....so viele dass, dann meine Leckerli Tasche leer ist!!!!!
Gleiches Buch S. 96ff Vorausahnung eines Verhaltens! Warum ist deine Leckerli-Tasche leer? Warum verstärkst du ihr Verhalten: „Becher in der Kralle behalten“?
(16.06.2010, 20:29 )NoelleRo schrieb: [ -> ]Auch hat sie selber gelernt nicht zu warten bis ich ihr den Becher irgendwo hinstelle wenn ich denn Lust habe, sondern holt sich nun einfach alles das wie ein Becher aussieht egal wie klein oder gross egal von wo!!!!!
Was meint ihr dazu?
gleiches Buch S. 98 – Die Katze auf dem Kaminsims
@ Hein:
(17.06.2010, 07:31 )Hein schrieb: [ -> ]ET hat gelernt, Becher bringen = Leckerli. Becher bringen wird durch Leckerli belohnt, also lohnt sich Becher bringen, wenn ET ein Leckerli will.
Der nächste Schritt ist, das Ganze effizienter zu gestalten: also den Becher einfach bei sich behalten und nur damit rumwedeln. Spart Arbeit, und führt auch zum Leckerli.
Du hast Recht, was die Effizienz betrifft. Sie zeigt aber eher, dass der Trainer an dieser Stelle etwas hilflos ist. Der Trainer ist nicht auf die notwendigen Trainingsschritte im Voraus vorbereitet!
Nimm an, ein Jagdhund soll auf Suchen, Aufspüren, Bringen und Ablegen der Beute trainiert werden (und nebenbei auch darauf , den „erlegten Fasan“ nicht unterwegs erst mal selbst zu fressen
). Dieser Hund muss auch lernen, die Beute abzulegen. Der Schritt fehlt bei Et in der Verhaltenskette.
(17.06.2010, 07:31 )Hein schrieb: [ -> ]Fällt uns eigentlich auf, wie sie uns trainieren? :-) Jedenfalls hat ET den Vorgang optimiert. Das ist meiner Ansicht nach nicht nur Lernen, sondern gezielte Manipulation der Umwelt - und das ist schon ein ganz anderes Kaliber, weil ET damit eigentlich selbst die Methode ABC anwendet :-).
Ich glaube übrigens nicht, dass das bei Papageien so selten ist; ander User hier werden sicher viele ähnliche Beispiele anbringen können.
Du hast Recht – aber gerade aus diesem „Nichtwissen“ – Wie gehe ich damit um, wenn mein Kakadu versucht, mich zu „manipulieren“ entstehen die sogenannten „unerwünschten Verhaltensweisen“.
(17.06.2010, 07:31 )Hein schrieb: [ -> ]Uhu, ich habe offen gesagt Probleme mit dem Begriff "unerwünschtes Verhalten"; er hat den Beigeschmack von lieben, süßen, Kuscheltieren, die immer nur das machen machen, was der Mensch will. Ich weiß, dass Du es natürlich nicht so meinst, aber ich muss immer dagegen kämpfen, diesen Begriff neutral zu verwenden.
Hein, ich freue mich, dass du weißt, wie ich es meine. Ich kann aber auch verstehen, dass manche Leser das eben so nicht einschätzen können. Deshalb füge ich hier für alle einfach mal „meine“ Definition zu unerwünschtem Verhalten ein:
Uhus Definition: „Unerwünschte Verhaltensweisen“ sind alle Verhaltensweisen, die zeigen
a) dass der Vogel Probleme in seiner Umwelt hat,
b) die dem Vogel in seiner Umwelt Stress bereiten.
Beispiele zu a): schreien, beißen, rupfen, den Betreuer angreifen, …..
Beispiele zu b): scheuchen, damit er in den Käfig geht; mit dem Kescher fangen, um ihn in die Transportbox zu setzen; Nistkastenkontrolle nur in „schwerer Motorradkleidung mit doppelt gesichertem Helm möglich“
; Volierenreinigung bis zum Ausfliegen der Jungen gar nicht möglich; usw….
Wer Papageien hält, sollte sich dafür verantwortlich fühlen, dass sie in Menschenobhut stressfrei und möglichst artgerecht leben können.
(17.06.2010, 07:31 )Hein schrieb: [ -> ]Gleich Dein zweiter Absatz bringt mich schwer ins Grübeln:
Wenn Training etwas mit Enrichment zu tun hat (und genau daran habe ich gedacht) UND ein Ara Spaß am Rollschuhfahren hat, ist das nicht verwerflich (los, steinigt mich jetzt alle *grins*). Ob ein Vogel lernt, seinem Menschen Leckerlis aus der Tasche zu locken, oder den Rückruf, oder Rollschuhfahren, ist vom Lernprozess her egal. Ich mag es nur nicht, wenn diese Verhaltensweisen mit der angeberischen "Sieh mal, was ich meinem Vogel beibegracht habe" - Pose vorgeführt werden; dies ist für mich unerwünschtes Verhalten bem Halter.
Das „unerwünschte Verhalten des Halters“ sehe ich auch so, das „Rollschuhfahren“ aber anders: Ich fange mal mit dem „Steinigen“ an! Würde ich „rollschuhfahrende Aras“ trainieren, müsste ich auch akzeptieren, dass ein Halter verlangt, den Vogel zu einem „Kuscheltier“ zu machen („der Vogel soll lernen, sich von mir streicheln zu lassen“), denn auch daran hat ein einzeln gehaltenes „Kuscheltier“ anfangs Spaß!.
Von daher beschränken sich unsere Trainingsinhalte nur auf die Verhalten, die dem Vogel in Menschenobhut nutzen, ein stressfreies …. usw Leben zu führen. Ich frage also immer: Warum soll der Vogel das lernen? Welchen Nutzen hat der Vogel davon in seinem individuellen Umfeld?
(17.06.2010, 07:31 )Hein schrieb: [ -> ]Übersprungs- und Leerlaufhandlungen glaube ich tatsächlich beobachten zu können, ….
Ich habe genau diese beiden Schlagwörter eingefügt, weil sie immer noch weiter verbreitet werden. Nach Zippelius sind aber gerade diese beiden Begriffe den Pseudoerklärungen der „Instinkttheorie“ hinzuzurechnen. (Das wäre sicher ein anderes Thema und würde hier den Rahmen sprengen.)
(17.06.2010, 07:31 )Hein schrieb: [ -> ]aber was sagt das aus? Wenn mal wieder ein Stück aus der Tür herausgefräst wurde und es ein Donnerwetter gibt, ist deutlich ein flüchtiges, angedeutetes Putzen mit Blick auf den Menschen erkennbar, für mich eine Handlung aus situativer Unsicherheit. Nur: das Etikett "Übersprungshandlung" beschreibt nur das Verhalten, erklärt es aber nicht. Es ist für mich beim Thema "Verhalten" von ganz zentraler Bedeutung, Beschreibung und Erklärung sauber auseinander zu halten, und solche Schlagwörter beschreiben eben nur, liefern aber keine Antwort auf die Frage "warum ... ?".
Stimme ich dir zu: das Etikett – das Label, das eben auch zu „Falschdeutungen“ und falschen Erklärungen und falschen Konsequenzen in der Haltung führen kann!
(17.06.2010, 07:31 )Hein schrieb: [ -> ]Zitat:Beobachtungen von Verhalten der Papageien in der freien Natur können meiner Meinung nach nicht 1:1 auf das Verhalten der Papageien in Menschenobhut übertragen werden - eben weil Papageien lernen, abhängig vom "sozialen Kontext"!
Das sehe ich anders: sie lernen ja nicht nur, sie leben auch. Wir wissen doch noch nicht einmal genau, was ihnen genetisch mit auf den Weg gegeben ist, und was erlernt wurde. Sicher sind einige Verhaltensweisen "fest verdrahtet", aber welche Schritte zu Befriedigung eines Bedürfnisses unternommen werden, kann sehr unterschiedlich sein. Darum glaube ich, dass wir von den Freilandbeobachtungen sehr viel lernen können; natürlich nicht 1:1, aber sehr viel über die Art, wie sie vom Menschen unbeeinflusst leben.
Richtig: über die Art, wie sie unbeeinflusst vom Menschen leben, können wir lernen.
Aber: Hier leben die Papageien in Menschenobhut, in einem anderen sozialen Kontext. Der Mensch sorgt für ausreichend Futter. Der Mensch schützt sie vor Feinden. Der Mensch sorgt für Nistplätze, die nicht gegen Artgenossen oder Feinde verteidigt werden müssen.
Verhalten, die in der freien Natur beschrieben werden und dort auch „notwendig“ sind, sind in Menschenobhut nicht erforderlich. Sie müssen nicht „umadressiert“ werden. Menschen können lernen, mit Papageien zu leben (und können auch aus Freilandbeobachtungen Nutzen ziehen). Papageien können lernen, dass bestimmte Verhalten in Menschenobhut nicht erforderlich sind!
(17.06.2010, 07:31 )Hein schrieb: [ -> ]Andererseits:
Ich habe das Buch nicht gelesen und werde es auch nicht tun. Jeder hier weiß, wieviel Quark über die Gestik der Haube verzapft wird - und jeder hier wird bestätigen, dass es nicht nur auf die Haube, sondern auch auf die Körperhaltung und die Feder-Mimik im Gesicht ankommt.
Ich sehe die Gefahr eher darin, dass z. Zt. noch mehr Menschen „Bücher kaufen“, statt „hier“ zu lesen. Diese Menschen möchten sich informieren. Und interpretieren durch das Lesen der Bücher und die "dazugehörigen" Fotos die Verhalten ihrer Vögel falsch. Ich könnte noch aus vielen Büchern – auch aus dem o.g. solche „Quarkstellen“ posten, weiß aber nicht, ob es erlaubt ist: Einscannen von Fotos aus Büchern und den dazugehörigen Textstellen mit Angabe der Quelle (Vlt. weiß da jemand mehr?)
(17.06.2010, 07:31 )Hein schrieb: [ -> ]Aber dafür brauche ich keine Freilandbeobachtung, sondern muss nur genau hinsehen und mich einige Jahre mit dem Geier befassen.
Nur innerhalb „einiger Jahren“ haben manche Vögel leider schon mehrfach den Besitzer gewechselt – und bei jedem etwas Neues dazu gelernt!
(17.06.2010, 07:31 )Hein schrieb: [ -> ]Aber ich sehe schon, dass wir auf eine Auseinandersetzung zusteuern, die vielleicht sehr fruchtbar sein kann: Du erwähnst Pawlow und Skinner, und siehst bei mir den Ansatzpunkt in Verhaltensbiologie (im weitesten Sinne). Das ist völlig OK, aber sehen wir doch mal, was wir daraus machen können.
Ich sehe es als fruchtbare Diskussion (nicht als Auseinandersetzung) – Verhaltensbiologie, Verhaltensökologie und ABA – als Mathematiker sehe ich es als unterschiedliche Mengen, die gemeinsame Schnittmengen haben. Einfach als „Disziplinen“, die sich gegenseitig bereichern könnten. (Ich weiß nicht, ob du zu der „Generation der Mengenlehre“ gehörst – und damit etwas „anfangen“ kannst)
(17.06.2010, 07:31 )Hein schrieb: [ -> ]Ich behaupte mal ganz dreist, dass auch Lernen nur aus dem Verständnis des gesamten Kognitions- und Verhaltenskomlexes heraus verstanden werden kann.
Finde ich – wenn ich es richtig verstanden habe – nicht dreist – einfach treffend und kurz gefasst!
(17.06.2010, 07:31 )Hein schrieb: [ -> ]Zitat:Verhaltensbiologie - wo liegt der "Schwerpunkt":
Wie Papageien lernen
Wie Papageien lernen
Wie Papageien lernen
Sorry für die flapsige Antwort: JA. Es gibt m.E. keinen Schwepunkt, alles ist interessant.
Find ich auch nicht flappsig – stimme ich dir zu! Könnte man statt "Papageien" auch "Hunde", Gorillas, Elefanten, .... einsetzen, oder eben "Tiere" - hier halt "Papageien" bzw. Kakadus - Tier-Verhalten eben!
(17.06.2010, 09:43 )Hein schrieb: [ -> ]Vorschlag für Arbeitsdefinitionen:
Zitat:Was ist ein Reiz?
Alles, was das Gehirn zum Tätigwerden veranlasst. Obacht: das Gehirn kann sich auch selbst "triggern".
Zitat:Was ist ein Reflex?
eine autonome reaktion auf einen Reiz.[/quote]
Ich weiß nicht ob es eine praktikable und verständliche Definition für alle ist. Kommt der Begriff aus dem Bereich der Neuroethologie? Lässt er sich anwenden auf die unterschiedlichen Reizarten und deren Verarbeitung, ohne dass man „Gehirnspezialist“ ist?
(17.06.2010, 07:31 )Hein schrieb: [ -> ]Zitat:Was ist angeborenes Verhalten?
Autsch, der ist schwierig. These: Verhaltensmuster, die nicht erlernt werden müssen. Aber damit kommen wir nicht viel weiter, weil nur ein Begriff durch einen anderen ersetzt wird. - Muss ich nochmal drüber nachdenken.
Vorschlag für angeborenes Verhalten:
· in den Genen festgelegt
· von Geburt an vorhanden,
· nicht erlernt,
· artspezifisch,
· auch bei denen vorhanden, die zuvor an der Ausübung gehindert wurden,
· nicht willentlich beeinflussbar,
· als schnell ablaufende Reaktion auf einen Reiz
(17.06.2010, 07:31 )Hein schrieb: [ -> ]Zitat:Und ab wann - ab welchem Zeitpunkt "beginnt" eigentlich das Lernen?
Mit dem Beginn der Tätigkeit des ZNS?
Ab wann entwickelt sich das beim Papagei? Dazu noch einmal die Frage wg. Einscannen von Bildern aus Büchern) unter Quellangabe (Sonogramm der Kontaktrufe Inka / Galah / Galahs aufgezogen von Inkas)
Viele Grüße
Susanne