Hallo Leute,
damit ich nicht so lange herumsuchen muss - wo gibt es denn die Geschichten zu "Bömmel"?
Ich finde das Thema sehr interessant, denn ich spiele mit meinen Kakadus auch immer "böser Puckpuck greift an" und sie lieben es.
Beim Spielen können sie wunderbar Dampf ablassen, haben ein klar definiertes Feindbild und sind danach zufrieden. Ich untermale diese Spielchen immer mit einem schrillen Gepfeife - sie wissen dann genau, aha - das Spiel geht los und sie können sich wunderbar in die Aktion vertiefen, es darf getobt und zugebissen werden, die Gegenstände, die den Bösen verkörpern sind übrigens austauschbar, sie müssen nur mit den entsprechenden Geräuschen und Gesten begleitet werden. (Ratschlag: gut auf die Finger aufpassen! Ein Versehen im Eifer des Gefechts kann vorkommen!
) Oft wollen sie mich zum Spielen animieren, indem sie mein Gepfeife nachahmen.
Das mit dem klaren Feindbild habe ich nicht einfach so gesagt. Ich mache mir Gedanken um das Aggressionsverhalten während der Balzzeit.
Gerade in der letzten Woche habe ich mir zwei saftige Bisse von Tuby eingefangen. Er ist verschmuster als sonst, gleichzeitig empfindlich und reizbar. Ich darf zur Zeit nicht mit ihm schimpfen, oder die schon mal üblichen Rangordnungskämpfchen mit ihm ausfechten. Er dreht sofort durch und wird aggressiv. Ich muss also deeskalieren und ihn dann kommentarlos in die Voliere setzen und einfach mal kurz das Sichtfeld räumen. Das habe ich an dem Tag der Bisse nicht getan, sondern, wie gewohnt mit ihm gemeckert und ihn angepflaumt, was er normalerweise lediglich mit trotzigem Kopfnicken und Gebrabbel kommentiert. (Manchmal ist er sogar derjenige, der einlenkt, so blöd sich das anhören mag.)
Zur Zeit läuft das aber nicht und die Eskalation war schnell da. Als er dann noch das strömende Blut aus meinen Fingern sah, ist er vollends ausgerastet und ich musste ihn schleunigst in die Voliere befördern und die Türe zuwerfen, sonst wäre er mir mitten ins Gesicht gesprungen. Ich bin dann rausgegangen und erst einige Minuten später wieder ins Zimmer gekommen. Er saß eine ziemlich lange Zeit ganz bedröppelt da und wenn ich in die Nähe des Käfigs kam, forderte er mich zum Streicheln auf, als wollte er sich entschuldigen.
Ich habe mir natürlich Gedanken gemacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass das wirklich ein Ausnahmezustand ist, der eine besondere Flexibilität erfordert. Während ich sonst nachdrücklich auf meinem Vorrang bestehe und meinen eigenen Zorn deutlich rauslasse, muss ich jetzt ruhig sein und deeskalieren.
Ich glaube, die überbordende Aggressivität gegen mich entsprang in dem Moment auch einer Art "Projektion". Der Geier ist ja so sozialisiert, dass er genau weiß: "Beissen ist böse!" Normalerweise hält er das zwanglos ein und ich kann ihm vertrauen, allenfalls passiert mal eine Unvorsichtigkeit. In der beschriebenen Situation sind ihm aus Eifersucht (ich hatte mich umgedreht und die Elin gestreichelt) die Sicherungen durchgebrannt. Dann noch mein Geschimpfe und das Blut - da konnte er die Situation gar nicht mehr einschätzen, war deutlich ängstlich und super aufgeregt und bumms - ich war der Feind. (Der zweite Biss kam aus Angst zustande als ich ihn auffangen wollte, ich hatte ihn etwas unsanft auf den Ast befördert und er wäre fast abgestürzt.) Alles nachvollziehbar, wäre aber in "normalen" Zeiten niemals so heftig abgelaufen.
Im Moment sind sie jedenfalls durch das "Böser-Feind-Spiel" besonders
zu begeistern und ich habe den Eindruck, dass es zum Dampf ablassen äußerst geeignet ist.
Wie schätzt ihr dieses erhöhte Aggressionspotential während der Balzzeit ein? Sind Nebenbuhler aus dem Feld zu schlagen (bei angeblich monogamen Verhalten?), oder gilt es die Brut zu schützen? Gibt es dazu wissenschaftliche Berichte? Oder kreisen einfach die Hormone ein bisschen doller als sonst?
Mir fällt auch eine Verhaltensveränderung bei Elin auf, sie ist in gewisser Weise auch aggressiver, ist das bei Hennen und Hähnen gleich, oder unterschiedlich?
Jetzt ist es spät und ich habe so einen langen Sermon rausgedrückt, aber es beschäftigt mich wirklich. So ganz angstfrei sind diese Wochen, in denen die biologische Uhr bei den beiden tickt ja auch wirklich nicht. Im letzten Jahr hat sich die Elin nach einem Riesenkrach in der Voliere so merkwürdig benommen, dass ich dachte, sie sei verletzt und ich bin mit ihr zum Tierarzt gebrettert. Es war aber gar nix, nachdem ich sie dann ein paar Tage vorsorglich getrennt hatte, war alles wieder normal. Heute fiel mir auf, dass sie seit einigen Tagen wieder verstärkt so einen "Gesichtsausdruck" drauf hat, wie damals. (Hört sich blöd an, ich weiß
)
Also die seitlichen, hinteren Kopffedern sind breit abgespreizt. Wir sagen scherzhaft, die Windleitbleche sind ausgefahren, was normalerweise immer ein Ausdruck größter Zufriedenheit oder Zuneigung ist. Ich würde das zur Zeit eher als beschwichtigendes Dauergrinsen interpretieren.... Vielleicht sehe ich ja auch Gespenster, wer weiß.
Einen schönen Sonntag und liebe Grüße,
Ella.