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Über das Training von Papageien - Über das Lernen der Papageien
#2
Hallo Uhu,

trotz der bedauerlichen Eskalation hoffe ich, dass wir in diesem Thread etwas näher an die Verhaltensgrundlagen herankommen. Imho ist das äußerst wichtig, um die Geier zu verstehen - und wir wissen immer noch viel zu wenig darüber.

Auch mir gefällt der Ausdruck "Training" nicht so richtig, weil er an "Dressur" erinnert, aber ich habe kein besseres Wort dafür; vielleicht können wir uns darauf verständigen, "Training" im positiven Sinn oder zumindest neutral zu verwenden. Oder eben einfach "Lernen"?

Erstmal ist Training eine Beschäftigung, eine Aufgabe, für den Papageien ein "Eintrag im Terminkalender" und damit in der reizarmen Umwelt der Gefangenhaltung etwas Positives. Zudem werden Tier und Mensch durch den Umgang miteinander füreinander sensibilisiert, es findet eine soziale Interaktion statt, an der beide ihre Freude haben können.

Genau das ist der Punkt, an dem ich mir auch mit dem Schlagwort "ABC" nicht sicher bin. Ich habe meine Überlegungen dazu schon mehrfach dargelegt, möchte sie aber kurz zusammenfassen:

ABC basiert auf dem behaviouristischen Ansatz der Psychologie, und entsprechend fallen die gängigen Trainingsmethoden im weitesten Sinne in den Bereich Verhaltensmodifikation.
Ich streite nicht ab, dass das funktioniert, ich weiß nur nicht, welche Erkenntnisse hinsichtlich des Verhaltens es liefern kann.

Papageien sind intelligent, lernen sehr schnell - ohne jeden Zweifel.

Aber die Frage, WIE Papageien lernen, scheint mir äußerst komplex zu sein: das Lernen selbst lässt sich wohl am besten mit neuronalen Modellen abbilden, aber um diese Ebene geht es hier wohl eher nicht.

Sicher lernen sie - wie wir auch - an Erfolg und Misserfolg, aber das Ganze ist eingebettet in den sozialen Kontext. Die Artgenossen bestimmen durch ihre Reaktionen, welches Verhalten sozial gebilligt wird, und welches nicht. Das ist bei uns ja auch so.

Diese Betrachtungsweise lässt aber zum Beispiel die motivationale Lage außer acht und geht stillschweigend davon aus, dass nur das "Erfolg haben" bestimmender Lernfaktor ist, und da bin ich mir recht unsicher. Sicher bahnt eine positive Verstärkung neu erworbenes Verhalten in dem Sinne, dass es bei Erfolg weiterhin eingestzt wird, aber das sagt nichts über die Motivation aus.

Ich bin mir sicher, dass Papageien über Motivation verfügen, die über eine simple Triebsteuerung (besser: Antriebssteuerung) weit hinausgeht, da sie zu wirklich komplexen kognitiven Leistungen fähig sind. Ein weiteres Indiz für die Komplexität des psychischen Erlebens sind Dinge wie die unterschiedlichen Persönlichkeiten, die Fähigkeit des Planens und des Um-die-Ecke-Denkens, eine teilweise erstaunliche Objektpermanenz und dergleichen mehr.

Leider können wir aus dem beobachteten Verhalten nur sehr wenige Rückschlüsse auf die Motivation ziehen, aber ich habe - zumindest bei unseren - oft den Eindruck, dass Bedürfniskonflikte nicht immer gleich gelöst werden. Beispiel: einer sitzt bei mir auf der Schulter und lässt sich putzen. Soziales Bedürfnis. Dabei bekommt er irgendwann Hunger und würde eigentlich gern essen. Hunger. Beide Bedürfnisse werden in unterschiedlichen Situationen unterschiedlich ausgelebt; mal ist das Futter wichtiger, mal der Sozialkontakt.
Natürlich hinkt das Beispiel, aber es illustriert vielleicht, worauf ich hinaus will. Als Stichworte fallen mir Sigmund Freud (gelesen vor dem Hintergrund von Schopenhauers "Die Welt als Wille und Vorstellung") ein, sowie Barwise/Perry "Situations and Attitudes" und das neuronale Modell von Dietrich Dörner.

Damit kann ich leider immer noch nicht genauer bestimmen, wie Papageien lernen (wie habe ich damals eigentlich das Einmaleins gelernt?), habe aber vielleicht mit den Stichworten "sozialer Kontext" und "Motivation" Begriffe in den Ring geworfen, mit denen andere weiterkommen.
g,
hein

traue niemals einem Raptor :-)
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RE: Über das Training von Papageien - Über das Lernen der Papageien - von Hein - 16.06.2010, 10:05

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