18.06.2007, 15:26
Nein, ich stells einfach mal rein...
Aber legt euch genügend Taschentücher bereit und lest es bitte nicht wenn ihr jetzt nach Hause fahrt und alleine darüber nachdenken könnt. Es ist zu grausam. Es soll übrigens eine wahre Geschichte sein...
Ziyal oder die Rettung eines Molukkenkakadus
Was für eine Art von Lebewesen sind wir?
Ziyal wurde als "Nikki" bei einem offensichtlich liebevollen Züchter geboren und von Hand aufgezogen. Sie wurde wahrscheinlich an eine Zoohandlung verkauft, und kurz darauf von jemandem erworben, der sie sehr geliebt hat. In ihren ersten Lebensjahren wurde Nikki wahrscheinlich sehr verzogen und sehr geliebt. Aber zu ihrem Unglück änderten sich die Lebensumstände ihres Besitzers und sie fand sich in einem neuen Zuhause wieder. Nach einer Weile, als Nikki sich in ihre neue Familie eingewöhnt hatte, wurde Nikki erneut entwurzelt und hatte sich wieder an eine neue Familie zu gewöhnen. Gut, aber sie hatte damit nicht viel im Sinn. Sie war verängstigt, einsam und hatte begonnen zu lernen sich nicht zu eng an jemanden zu binden, da sich ihr Leben sowieso bald wieder ändern würde.
Und es änderte sich.
Nikki war jetzt über 8 Jahre alt und hatte sich wieder einmal umzustellen. Aber dieses Mal war es anders. Sie kam in keine freundlichen Hände, die sie knuddelten, sie wurde zu einem älteren Molukkenkakadu gesetzt, der sich mit ihr verpaaren wollte. Nikki mochte sein zärtliches Putzen aber sie war zu jung und zu sehr auf Menschen geprägt um etwas über die "Vögel und die Bienen" zu wissen. Sie begrüßte die Annäherungsversuche ihres Partners nicht, sie wollte nur in Ruhe gelassen werden. Ihr Partner wurde immer aggressiver und begann bald Nikki anzugreifen. Gott sei Dank trennte der Züchter die Beiden bevor der Molukke Nikki umbringen konnte. (Er tötete seine beiden letzten Partnerinnen). Der Züchter hatte gute Absichten - ein anderer Vogel wurde gekauft und Nikki behutsam vorgestellt - Visionen von kleinen Molukkenkakadus und die Dollars, die sie einbringen würden, spukten im Geiste des Züchters herum.
So, da war Nikki. Sie wurde einst bewundert, geknuddelt und wie ein Familienmitglied behandelt. Sieben Zuhause und acht Jahre später, da saß sie nun. Gedanken wie "Warum ist das so, immer wenn ich jemandem vertraue, werde ich weggegeben? Warum wollte mich dieser andere Vogel verletzen? Warum bin ich ganz alleine, Tag und Nacht ohne Beschäftigung, in diesem Käfig eingesperrt? Was ist los mit mir? Warum hat mich niemand lieb?" diese Fragen füllten ihre Gedanken aus. Sie war verängstigt, einsam und ohne Hoffnung.
Der Züchter konnte keinen passenden männlichen Molukkenkakadu finden (er wollte einen jungen Hahn aber auch nicht viel dafür bezahlen). So wurde Nikki abermals in eine zeitlich begrenzte Bleibe - ein Zoogeschäft in Toronto, in der Gegend von Ontario - abgegeben. Die Zeit verging und ein netter älterer Herr kaufte Nikki. Er kaufte sie für seine Frau als Geschenk in der Hoffnung, dass die Pflege von Nikki die beiden näher zusammen bringen würde. Das Paar, dessen Kinder alle erwachsen waren, hatten Eheprobleme. Aber sie liebten Nikki und behandelten sie wie ein Kind. Sie gaben ihr Liebe, gutes Futter und eine Menge Spielzeug.
Nikki war endlich glücklich.
Unglücklicherweise endet hier Ziyal Geschichte nicht. Einige Jahre vergingen und das Paar stritt sich ständig. Der nette ältere Herr war nun nicht mehr so nett und seine Frau war nie Zuhause. Nikki fühlte sich mehr und mehr vernachlässigt. Eines Tages verließ die Frau das Haus und kam niemals wieder.
"Scheidung" war das Wort, das Nikkis glückliches und zufriedenes Leben beendete. Der alte Mann begann zu trinken und ignorierte sie tagelang. Nikki versuchte ihn mit ihrem Gesang aufzumuntern aber das machte ihn noch wütender. Sie bettelte um Knuddeleinheiten aber anstatt von Liebe fühlte sie den Schlag des alten Mannes. "Halt die Klappe du dummer sch*** Vogel”, brüllte er, immer wenn er sie schlug (Ich weiß das, weil sie diese Ausdrücke einige Male am Anfang benutzte, als sie um meine Aufmerksamkeit bettelte und ich nicht sofort reagierte).
Nikki schrie jetzt verängstigt und durcheinander nach der Frau. Nachdem sie einige Tage geschrieen hatte, geschlagen wurde, lauter geschrieen hatte und noch mehr geschlagen wurde, sperrte der alte Mann sie in eine Kammer. Da saß Nikki nun in der Dunkelheit. Es gab keine Frau mehr, die sie knuddelte und ihr gutes Futter gab - außerdem sie sah kein Sonnenlicht mehr. Ihre Welt bestand aus einem Käfig in einer dunklen Abstellkammer. Es gab nur Sonnenblumenkerne zu fressen, sauberes Wasser nur alle paar Tage und den ganzen Tag über nichts zu tun.
Nikki fing an sich die Zeit mit Gefiederpflege zu vertreiben. Das Federputzen wurde für sie noch interessanter als sie ihre Federn zerbiss. Aber zerbissene Federn jucken so sehr, dass Nikki sie auszog. "Mit ausgezogenen Federn macht es Spaß zu spielen....., ich glaube ich werde noch einige mehr ausziehen um damit zu spielen", muss sie gedacht haben. Ohne Federn wurde Nikkis Haut trocken und gereizt. Kratzen reichte nicht mehr, also begann sie ihre Haut blutig zu beißen. "Hmmm .... eine neue Art sich zu beschäftigen! Ich kann mich selbst verletzen, so dass ich blute und ich fühle mich gut, wenn ich derjenige bin, die die eigenen Schmerzen unter Kontrolle hält. Ich kann mich verletzen und wenn ich nicht aufhöre wird der alte Mann mir vielleicht ein bisschen Aufmerksamkeit schenken."
Der alte Mann erinnerte sich eines schrecklichen Tages daran, dass er Nikki Futter und Wasser geben musste und sah was sie sich angetan hatte. Seine Ex-Frau war fort, seine Kinder waren fort und sogar sein Vogel wollte ihn verlassen indem er starb.
Reumütig streckte er seine Hand nach Nikki aus um sie auf den Arm zu nehmen. Er wollte sich bei Nikki entschuldigen.
Nikki hatte panische Angst, dass seine Hand sie wieder schlagen würde. Aus tiefster Seele heraus entschied sie, dass sie genug durchgemacht hatte. Mit aller Kraft, die sie aufbringen konnte, stand sie auf, biss die furchtbare Hand und kreischte so laut wie sie konnte.
Der alte Mann, betrunken und wütend, griff nach Nikkis Flügel. Ein Geräusch, das Nikki niemals zuvor gehört hatte, hallte durch die Luft. Der alte Mann hatte ihren Flügel gebrochen. Er schloss die Käfigtür. "Es ist deine eigene Schuld, du sch*** Vogel", sagte er zu ihr und schloss die Tür.
Die Tage vergingen und Nikkis Schmerzen ließen langsam nach. Als ihr Flügel gebrochen wurde, hatte Nikki entschieden, dass sie, solange sie lebt, niemals mehr einem Menschen trauen werde. "Menschen sind da um mich zu verletzen. Menschen lieben mich nur solange bis sie etwas besseres finden. Menschen verlassen mich - sie sind die schlimmsten aller Lebewesen. Menschen darf man keinesfalls vertrauen", muss sie gedacht haben.
Der alte Mann versuchte nochmals Nikki zu knuddeln. Sie hielt sich an ihrer Sitzstange fest und stieß einen gellenden Schrei nach dem alten Mann aus. Er nahm sein Feuerzeug und hielt es unter ihre Fußsohlen um sie zu zwingen loszulassen. Ihre Haut warf Blasen und brannte - aber sie hielt weiter fest. Der Schmerz war überwältigend. Als der alte Mann endlich aufhörte und sie wieder in der Dunkelheit zurückließ, fiel sie vor Schmerz von ihrer Stange.
Wieder einmal wollte der alte Mann sich bessern. Seine Tochter wollte ihn besuchen und er wünschte, dass alles so sein sollte wie es früher war. Er öffnete die Tür der Abstellkammer und versuchte erneut Nikki auf seine Hand zu bekommen. Aber Nikki war aufgrund ihrer Flügelfraktur und des Futtermangels zu schwach. Sie lag auf dem Boden ihres schmutzigen Käfigs in ihren eigenen Exkrementen. Der alte Mann nahm sie vorsichtig hoch und mag vielleicht sogar gesagt haben, dass es ihm leid tue.
Nikki schaffte es irgendwie ihre Kräfte zu mobilisieren und stieß erneut einen markerschütternden Schrei aus. Dem alten Mann reichte es. In trunkener Wut schleuderte er Nikki quer durchs Zimmer in eine Ecke. Nikki fühlte wie ihre Rippen brachen und ihr wurde schwarz vor Augen.
Die Tochter des alten Mannes kam an diesem Tag vorbei. Sie fand ihren betrunkenen Vater schlafend auf der Couch. An der Wand war Blut. Auf dem Fußboden war Blut. Sie folgte der Blutspur und den Blutflecken bis zur Abstellkammer ihrer Mutter. Als sie die Tür öffnete, sah sie Nikki - innerhalb von Minuten war Nikki beim Tierarzt. Nikkis gebrochene Knochen konnten fixiert werden aber sie würde vielleicht nicht überleben.
Es schien für Nikki das Beste zu sein sie einzuschläfern aber Nikki erweckte die Aufmerksamkeit eines Angestellten. Bald war es entschieden - Nikki würde operiert werden, wenn jemand sie aufnehmen und für immer behalten würde.
Ich musste kein Geld für sie bezahlen sondern nur versprechen, dass Nikki ein Leben lang bei mir bleibt.
Im Februar 1998 fuhr ich von Toronto aus mit einem sehr aggressiven und sehr misshandelten Molukkenkakadu nach Hause. Sie fauchte während der vollen 6 Stunden Fahrt.
Nikkis ersten paar Tage bei mir waren nicht sehr bemerkenswert, sie blieb im hinteren Teil ihres Käfigs und meistens fauchte sie alles und jeden an. Sie nahm ihre Antibiotika und Haloperidol mit sehr wenig Aufregung ein. Sie wurde immer nur völlig abgedreht, wenn sie ihren Namen hörte.
Wenn man sie mit Nikki ansprach, veranlasste sie das dazu gegen die Gitterstäbe ihres Käfigs zu schlagen. Nachdem ich lange überlegt hatte, änderte ich ihren Namen in Ziyal (zee-al) oder abgekürzt Z(zee). Ich tat noch ein zusätzliches, das ich nicht immer empfehlen kann - ich gab ihr die totale Freiheit. Die Tür ihres Käfigs wurde entfernt und bis zum heutigen Tag habe ich sie NIEMALS in ihrem Käfig eingesperrt.
Mein Tierarzt zog bei Z die Fäden und mit seiner Hilfe konnten wir nach und nach das Haloperidol (ein Antidepressivum) absetzen und sie an ein ausgewogenes Futter gewöhnen.
Nachdem sie etwas an Gewicht zugelegt hatte, etwas zu Kräften gekommen war und das Tageslicht wieder ertragen konnte (die Monate in der Dunkelheit hatten ihre Augen beeinträchtigt), begann ich an ihrer Seele zu arbeiten. Ich hasse den Ausdruck "rehabilitieren" zu benutzen, weil er mich an Straftäter erinnert, die eine furchtbare Tat begangen haben und rehabilitiert werden müssen, um in die Gesellschaft wieder eingegliedert werden zu können.
Z ist aber kein Täter sondern ein Opfer!
Mein erster Schritt war ihr zu zeigen, dass ich sie niemals verletzen würde. Ich kehrte zur Aufzuchtphase zurück um dieses zu unterstützen. Ich fütterte sie per Hand mit einem Löffel und bald darauf begann sie schon um Futter zu betteln.
Währen sie fraß, sprach ich freundlich mit ihr und kraulte sie.
Als Z 3 Monate alt war (dabei nehme ich den 2. Februar als ihren Geburtstag an - der Beginn ihres neuen Lebens) ließ sie sich von mir knuddeln. Sie begann damit in der Nacht auf der Ecke meines Kopfkissens zu schlafen und ruft mich, wenn ich sie alleine lasse. Ich muss sie überall mit hinnehmen, sie hat mit mir eine feste Bande geknüpft.
Ihre erste Mauser war eine Zeit der Versuchung. Sie begann sich ihre neuen Federn auszureißen und sich selbst zu verstümmeln. Deshalb musste ich ihr einen Kragen umlegen.
Bald fing sie an ihre Grenzen abzustecken und versuchte herauszufinden, wie weit sie bei mir gehen konnte.
Z erblühte zu einer wundervollen Gefährtin. Sie war an allem interessiert und fing an sich mit ihren Spielzeugen zu beschäftigen. Ihre Füße heilten und sie kletterte auf Ästen eines Apfelbaums herum, die ich für sie ins Haus holte. Sie fing sogar an "Hello" zu sagen.
Z ist nun seit über einem Jahr bei mir und wahrhaftig eine Freude. Sie hat immer noch Angst vor Männern, Fremden, neuen Dingen und neuem Futter. Aber solange ich in ihrer Nähe bin, erlaubt Z`s Vertrauen diese Situationen zu meistern und die Möglichkeiten zu erkunden, die sich daraus ergeben. Sie hat einen wahnsinnigen Lebenshunger entwickelt, sie liebt es zu spielen. Sie jagt die Katze, beseht auf ihrer Knuddelzeit, sie "hilft" mir bei der täglichen Hausarbeit indem sie den Besen scheucht, die Geschirrtücher zerfetzt und meine hölzernen Löffel frisst. Sie benimmt sich in jeglicher Art schlecht.
Ziyal hat mein Leben so bereichert und meinen Kindern aus erster Hand beigebracht, was die Macht der bedingungslosen Liebe bewirken kann. Sie mag für die meisten Menschen nicht besonders hübsch aussehen aber für mich ist sie der allerschönste Vogel auf dieser Welt, von innen und von außen betrachtet.
[/u]
Aber legt euch genügend Taschentücher bereit und lest es bitte nicht wenn ihr jetzt nach Hause fahrt und alleine darüber nachdenken könnt. Es ist zu grausam. Es soll übrigens eine wahre Geschichte sein...
Ziyal oder die Rettung eines Molukkenkakadus
Was für eine Art von Lebewesen sind wir?
Ziyal wurde als "Nikki" bei einem offensichtlich liebevollen Züchter geboren und von Hand aufgezogen. Sie wurde wahrscheinlich an eine Zoohandlung verkauft, und kurz darauf von jemandem erworben, der sie sehr geliebt hat. In ihren ersten Lebensjahren wurde Nikki wahrscheinlich sehr verzogen und sehr geliebt. Aber zu ihrem Unglück änderten sich die Lebensumstände ihres Besitzers und sie fand sich in einem neuen Zuhause wieder. Nach einer Weile, als Nikki sich in ihre neue Familie eingewöhnt hatte, wurde Nikki erneut entwurzelt und hatte sich wieder an eine neue Familie zu gewöhnen. Gut, aber sie hatte damit nicht viel im Sinn. Sie war verängstigt, einsam und hatte begonnen zu lernen sich nicht zu eng an jemanden zu binden, da sich ihr Leben sowieso bald wieder ändern würde.
Und es änderte sich.
Nikki war jetzt über 8 Jahre alt und hatte sich wieder einmal umzustellen. Aber dieses Mal war es anders. Sie kam in keine freundlichen Hände, die sie knuddelten, sie wurde zu einem älteren Molukkenkakadu gesetzt, der sich mit ihr verpaaren wollte. Nikki mochte sein zärtliches Putzen aber sie war zu jung und zu sehr auf Menschen geprägt um etwas über die "Vögel und die Bienen" zu wissen. Sie begrüßte die Annäherungsversuche ihres Partners nicht, sie wollte nur in Ruhe gelassen werden. Ihr Partner wurde immer aggressiver und begann bald Nikki anzugreifen. Gott sei Dank trennte der Züchter die Beiden bevor der Molukke Nikki umbringen konnte. (Er tötete seine beiden letzten Partnerinnen). Der Züchter hatte gute Absichten - ein anderer Vogel wurde gekauft und Nikki behutsam vorgestellt - Visionen von kleinen Molukkenkakadus und die Dollars, die sie einbringen würden, spukten im Geiste des Züchters herum.
So, da war Nikki. Sie wurde einst bewundert, geknuddelt und wie ein Familienmitglied behandelt. Sieben Zuhause und acht Jahre später, da saß sie nun. Gedanken wie "Warum ist das so, immer wenn ich jemandem vertraue, werde ich weggegeben? Warum wollte mich dieser andere Vogel verletzen? Warum bin ich ganz alleine, Tag und Nacht ohne Beschäftigung, in diesem Käfig eingesperrt? Was ist los mit mir? Warum hat mich niemand lieb?" diese Fragen füllten ihre Gedanken aus. Sie war verängstigt, einsam und ohne Hoffnung.
Der Züchter konnte keinen passenden männlichen Molukkenkakadu finden (er wollte einen jungen Hahn aber auch nicht viel dafür bezahlen). So wurde Nikki abermals in eine zeitlich begrenzte Bleibe - ein Zoogeschäft in Toronto, in der Gegend von Ontario - abgegeben. Die Zeit verging und ein netter älterer Herr kaufte Nikki. Er kaufte sie für seine Frau als Geschenk in der Hoffnung, dass die Pflege von Nikki die beiden näher zusammen bringen würde. Das Paar, dessen Kinder alle erwachsen waren, hatten Eheprobleme. Aber sie liebten Nikki und behandelten sie wie ein Kind. Sie gaben ihr Liebe, gutes Futter und eine Menge Spielzeug.
Nikki war endlich glücklich.
Unglücklicherweise endet hier Ziyal Geschichte nicht. Einige Jahre vergingen und das Paar stritt sich ständig. Der nette ältere Herr war nun nicht mehr so nett und seine Frau war nie Zuhause. Nikki fühlte sich mehr und mehr vernachlässigt. Eines Tages verließ die Frau das Haus und kam niemals wieder.
"Scheidung" war das Wort, das Nikkis glückliches und zufriedenes Leben beendete. Der alte Mann begann zu trinken und ignorierte sie tagelang. Nikki versuchte ihn mit ihrem Gesang aufzumuntern aber das machte ihn noch wütender. Sie bettelte um Knuddeleinheiten aber anstatt von Liebe fühlte sie den Schlag des alten Mannes. "Halt die Klappe du dummer sch*** Vogel”, brüllte er, immer wenn er sie schlug (Ich weiß das, weil sie diese Ausdrücke einige Male am Anfang benutzte, als sie um meine Aufmerksamkeit bettelte und ich nicht sofort reagierte).
Nikki schrie jetzt verängstigt und durcheinander nach der Frau. Nachdem sie einige Tage geschrieen hatte, geschlagen wurde, lauter geschrieen hatte und noch mehr geschlagen wurde, sperrte der alte Mann sie in eine Kammer. Da saß Nikki nun in der Dunkelheit. Es gab keine Frau mehr, die sie knuddelte und ihr gutes Futter gab - außerdem sie sah kein Sonnenlicht mehr. Ihre Welt bestand aus einem Käfig in einer dunklen Abstellkammer. Es gab nur Sonnenblumenkerne zu fressen, sauberes Wasser nur alle paar Tage und den ganzen Tag über nichts zu tun.
Nikki fing an sich die Zeit mit Gefiederpflege zu vertreiben. Das Federputzen wurde für sie noch interessanter als sie ihre Federn zerbiss. Aber zerbissene Federn jucken so sehr, dass Nikki sie auszog. "Mit ausgezogenen Federn macht es Spaß zu spielen....., ich glaube ich werde noch einige mehr ausziehen um damit zu spielen", muss sie gedacht haben. Ohne Federn wurde Nikkis Haut trocken und gereizt. Kratzen reichte nicht mehr, also begann sie ihre Haut blutig zu beißen. "Hmmm .... eine neue Art sich zu beschäftigen! Ich kann mich selbst verletzen, so dass ich blute und ich fühle mich gut, wenn ich derjenige bin, die die eigenen Schmerzen unter Kontrolle hält. Ich kann mich verletzen und wenn ich nicht aufhöre wird der alte Mann mir vielleicht ein bisschen Aufmerksamkeit schenken."
Der alte Mann erinnerte sich eines schrecklichen Tages daran, dass er Nikki Futter und Wasser geben musste und sah was sie sich angetan hatte. Seine Ex-Frau war fort, seine Kinder waren fort und sogar sein Vogel wollte ihn verlassen indem er starb.
Reumütig streckte er seine Hand nach Nikki aus um sie auf den Arm zu nehmen. Er wollte sich bei Nikki entschuldigen.
Nikki hatte panische Angst, dass seine Hand sie wieder schlagen würde. Aus tiefster Seele heraus entschied sie, dass sie genug durchgemacht hatte. Mit aller Kraft, die sie aufbringen konnte, stand sie auf, biss die furchtbare Hand und kreischte so laut wie sie konnte.
Der alte Mann, betrunken und wütend, griff nach Nikkis Flügel. Ein Geräusch, das Nikki niemals zuvor gehört hatte, hallte durch die Luft. Der alte Mann hatte ihren Flügel gebrochen. Er schloss die Käfigtür. "Es ist deine eigene Schuld, du sch*** Vogel", sagte er zu ihr und schloss die Tür.
Die Tage vergingen und Nikkis Schmerzen ließen langsam nach. Als ihr Flügel gebrochen wurde, hatte Nikki entschieden, dass sie, solange sie lebt, niemals mehr einem Menschen trauen werde. "Menschen sind da um mich zu verletzen. Menschen lieben mich nur solange bis sie etwas besseres finden. Menschen verlassen mich - sie sind die schlimmsten aller Lebewesen. Menschen darf man keinesfalls vertrauen", muss sie gedacht haben.
Der alte Mann versuchte nochmals Nikki zu knuddeln. Sie hielt sich an ihrer Sitzstange fest und stieß einen gellenden Schrei nach dem alten Mann aus. Er nahm sein Feuerzeug und hielt es unter ihre Fußsohlen um sie zu zwingen loszulassen. Ihre Haut warf Blasen und brannte - aber sie hielt weiter fest. Der Schmerz war überwältigend. Als der alte Mann endlich aufhörte und sie wieder in der Dunkelheit zurückließ, fiel sie vor Schmerz von ihrer Stange.
Wieder einmal wollte der alte Mann sich bessern. Seine Tochter wollte ihn besuchen und er wünschte, dass alles so sein sollte wie es früher war. Er öffnete die Tür der Abstellkammer und versuchte erneut Nikki auf seine Hand zu bekommen. Aber Nikki war aufgrund ihrer Flügelfraktur und des Futtermangels zu schwach. Sie lag auf dem Boden ihres schmutzigen Käfigs in ihren eigenen Exkrementen. Der alte Mann nahm sie vorsichtig hoch und mag vielleicht sogar gesagt haben, dass es ihm leid tue.
Nikki schaffte es irgendwie ihre Kräfte zu mobilisieren und stieß erneut einen markerschütternden Schrei aus. Dem alten Mann reichte es. In trunkener Wut schleuderte er Nikki quer durchs Zimmer in eine Ecke. Nikki fühlte wie ihre Rippen brachen und ihr wurde schwarz vor Augen.
Die Tochter des alten Mannes kam an diesem Tag vorbei. Sie fand ihren betrunkenen Vater schlafend auf der Couch. An der Wand war Blut. Auf dem Fußboden war Blut. Sie folgte der Blutspur und den Blutflecken bis zur Abstellkammer ihrer Mutter. Als sie die Tür öffnete, sah sie Nikki - innerhalb von Minuten war Nikki beim Tierarzt. Nikkis gebrochene Knochen konnten fixiert werden aber sie würde vielleicht nicht überleben.
Es schien für Nikki das Beste zu sein sie einzuschläfern aber Nikki erweckte die Aufmerksamkeit eines Angestellten. Bald war es entschieden - Nikki würde operiert werden, wenn jemand sie aufnehmen und für immer behalten würde.
Ich musste kein Geld für sie bezahlen sondern nur versprechen, dass Nikki ein Leben lang bei mir bleibt.
Im Februar 1998 fuhr ich von Toronto aus mit einem sehr aggressiven und sehr misshandelten Molukkenkakadu nach Hause. Sie fauchte während der vollen 6 Stunden Fahrt.
Nikkis ersten paar Tage bei mir waren nicht sehr bemerkenswert, sie blieb im hinteren Teil ihres Käfigs und meistens fauchte sie alles und jeden an. Sie nahm ihre Antibiotika und Haloperidol mit sehr wenig Aufregung ein. Sie wurde immer nur völlig abgedreht, wenn sie ihren Namen hörte.
Wenn man sie mit Nikki ansprach, veranlasste sie das dazu gegen die Gitterstäbe ihres Käfigs zu schlagen. Nachdem ich lange überlegt hatte, änderte ich ihren Namen in Ziyal (zee-al) oder abgekürzt Z(zee). Ich tat noch ein zusätzliches, das ich nicht immer empfehlen kann - ich gab ihr die totale Freiheit. Die Tür ihres Käfigs wurde entfernt und bis zum heutigen Tag habe ich sie NIEMALS in ihrem Käfig eingesperrt.
Mein Tierarzt zog bei Z die Fäden und mit seiner Hilfe konnten wir nach und nach das Haloperidol (ein Antidepressivum) absetzen und sie an ein ausgewogenes Futter gewöhnen.
Nachdem sie etwas an Gewicht zugelegt hatte, etwas zu Kräften gekommen war und das Tageslicht wieder ertragen konnte (die Monate in der Dunkelheit hatten ihre Augen beeinträchtigt), begann ich an ihrer Seele zu arbeiten. Ich hasse den Ausdruck "rehabilitieren" zu benutzen, weil er mich an Straftäter erinnert, die eine furchtbare Tat begangen haben und rehabilitiert werden müssen, um in die Gesellschaft wieder eingegliedert werden zu können.
Z ist aber kein Täter sondern ein Opfer!
Mein erster Schritt war ihr zu zeigen, dass ich sie niemals verletzen würde. Ich kehrte zur Aufzuchtphase zurück um dieses zu unterstützen. Ich fütterte sie per Hand mit einem Löffel und bald darauf begann sie schon um Futter zu betteln.
Währen sie fraß, sprach ich freundlich mit ihr und kraulte sie.
Als Z 3 Monate alt war (dabei nehme ich den 2. Februar als ihren Geburtstag an - der Beginn ihres neuen Lebens) ließ sie sich von mir knuddeln. Sie begann damit in der Nacht auf der Ecke meines Kopfkissens zu schlafen und ruft mich, wenn ich sie alleine lasse. Ich muss sie überall mit hinnehmen, sie hat mit mir eine feste Bande geknüpft.
Ihre erste Mauser war eine Zeit der Versuchung. Sie begann sich ihre neuen Federn auszureißen und sich selbst zu verstümmeln. Deshalb musste ich ihr einen Kragen umlegen.
Bald fing sie an ihre Grenzen abzustecken und versuchte herauszufinden, wie weit sie bei mir gehen konnte.
Z erblühte zu einer wundervollen Gefährtin. Sie war an allem interessiert und fing an sich mit ihren Spielzeugen zu beschäftigen. Ihre Füße heilten und sie kletterte auf Ästen eines Apfelbaums herum, die ich für sie ins Haus holte. Sie fing sogar an "Hello" zu sagen.
Z ist nun seit über einem Jahr bei mir und wahrhaftig eine Freude. Sie hat immer noch Angst vor Männern, Fremden, neuen Dingen und neuem Futter. Aber solange ich in ihrer Nähe bin, erlaubt Z`s Vertrauen diese Situationen zu meistern und die Möglichkeiten zu erkunden, die sich daraus ergeben. Sie hat einen wahnsinnigen Lebenshunger entwickelt, sie liebt es zu spielen. Sie jagt die Katze, beseht auf ihrer Knuddelzeit, sie "hilft" mir bei der täglichen Hausarbeit indem sie den Besen scheucht, die Geschirrtücher zerfetzt und meine hölzernen Löffel frisst. Sie benimmt sich in jeglicher Art schlecht.
Ziyal hat mein Leben so bereichert und meinen Kindern aus erster Hand beigebracht, was die Macht der bedingungslosen Liebe bewirken kann. Sie mag für die meisten Menschen nicht besonders hübsch aussehen aber für mich ist sie der allerschönste Vogel auf dieser Welt, von innen und von außen betrachtet.
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Gruß
triton